Gengahr - Where Wildness Grows

Gengahrs neues Album trägt den poetischen Titel Where Wildness Grows. Von der Wildnis, die auch das Albumcover ziert, kriegt man aber am Anfang des zweiten Werks der Briten noch nicht so viel mit. Der erste Song Before Sunrise knüpft an den Dream-Pop vom Debüt A Dream Outside an und hält stimmungstechnisch alles, was der Name verspricht. Auch der Falsett-Gesang von Felix Bushe kehrt zurück und erzeugt zusammen mit den verspielten E-Gitarren ein fröhliches Frühsommer-Feeling.

Jedoch sollte man sich von Gengahr so schnell nicht täuschen lassen: Selbst in diesem scheinbar harmlosen Anfang steckt schon ein großer Kontrast zwischen den Lyrics und der Melodie. „All the porn you glare on the side / Gets so hard to fix on your pride“ – offensichtlich ist die in Before Sunrise besungene Beziehung nicht so harmonisch wie der Song selbst. Auch der folgende Track Mallory setzt auf dieses Kontrastprogramm und spricht von Dunkelheit und Schatten, die so gar nicht zum verträumten Vibe zu passen scheinen.

Je weiter man in das Dickicht des Albums vordringt, desto mehr scheint sich diese Düsternis auszubreiten. Schon der titelgebende Song Where Wildness Grows kommt ruhiger und erwachsener daher und wirkt dabei unglaublich verletzlich. Die Band sieht in der Traurigkeit nämlich nichts Negatives, ganz im Gegenteil: „There's something very cathartic and therapeutic about being upset and even crying, I think it's a very powerful tool that the body has in order to relieve itself of the things that it doesn't want.“

Die kathartische Reinigung setzt sich auch im weiteren Verlauf des Albums fort. Bei Carrion haben sich Gengahr dafür sogar Unterstützung geholt und zwar von Wolf Alice-Frontfrau Ellie Rowsell. Zusammen schaffen sie den Kracher des Albums, der lärmend und finster daherkommt und dabei ein wenig an Placebo erinnert.

Wenn man dann am Ende aus dem Gestrüpp auftaucht und die letzten Blätter und Dornen abgestreift hat, wird einem klar, dass der erste Eindruck oft trügt: Bei Gengahrs zweiten Werk handelt es sich nicht um eine bloße Wiederholung des Debüts, denn Where Wildness Grows ist um einiges komplexer und tiefgründiger.

(Pierre Rosincky, CT das Radio)

____________
Der Silberling der Woche ist eine Kooperation der Campusradios
CT das radio, Campus FM und eldoradio* unter dem Dach der Campuscharts.
Daher findet ihr hier jede Woche eine Rezension zu einem besonders interessanten Album, wechselweise von den Musikredaktionen dieser drei Campusradios verfasst.
Checkt auch: www.silberlingderwoche.de

RÜCKSCHAU

KW 28/2024
KOKOKO! - BUTU
KOKOKO! BUTU
KW 16/2024
Girl in Red I´M DOING IT AGAIN BABY!
KW 35/2023
Slowdive Everything Is Alive
KW 34/2023
Genesis Owusu Struggler
KW 23/2023
Christine and the Queens ANGELS, PARANOÏA, TRUE LOVE

ARCHIV

WOCHE Künstler/Band NAME DES ALBUMS/SONGS MUSIKLABEL
KW 24/2014 Clipping CLPPNG Sub Pop
KW 16/2014 Marcus Wiebusch Konfetti Grand Hotel van Cleef
KW 29/2014 Jungle Jungle XL Recordings
KW 33/2018 Ben Khan Ben Khan Caroline
KW 11/2017 Circa Waves Different Creatures Virgin
KW 32/2014 FKA twigs LP 1 Young Turks
KW 45/2017 Yung Lean Stranger YEAR0001
KW 06/2023 Young Fathers Heavy Heavy Ninja Tune
KW 15/2015 Young Fathers White Men Are Black Men Too Big Dada
KW 47/2015 Le1f Riot Boi Terrible /XL