Lea Porcelain - Hymn to the Night

Fünf Jahre nach Bandgründung ist ein Debütalbum durchaus abgebracht. Schon letztes Jahr wurden Lea Porcelain als up and coming in Hitlisten aufgenommen, dieses Jahr dann einmal mehr. Aber von Hektik keine Spur, Julien Bracht und Markus Nikolaus haben ja schon EPs und Singles veröffentlicht, die sich teilweise auch auf dem jetzt erschienen Album wiederfinden. Und das wurde nicht zu Unrecht lange erwartet, denn das Frankfurter Duo macht seine Sache wirklich gut.

In den ersten Sekunden von Hymn to the Night setzen Lea Porcelain ihre Marke und ziehen sie zwölf Songs lang konsequent durch: Röhrend-verzerrte, dann nebelhornartige Synthies, hallende Drums und nicht zuletzt der übersteuerte Gesang bestimmen den Opener Out Is In. „Der einzige Weg nach draußen ist hinein.“ Eine musikalische Reminiszenz an die britischen Melancholiker von Joy Division oder The Cure, und zwar auf jeder Ebene. Auch in 2017 ist ein Ende des 80er-Revivals nicht in Sicht, das haben A Projection zu Beginn des Jahres schon klar gemacht.

Wo letztes Jahr noch Attitüde und Skandälchen einrührte, halten sich Bracht und Nikolaus als Personen deutlich zurück und überlassen der Atmosphäre die Bühne. Und die wiederum wird voll ausgenutzt. Nachdem die Singles Bones, Out Is In und Warsaw Street den Weg bereitet haben, rauscht, eilt und dröhnt Similar Familiar fünf Minuten lang durch dunkle Gassen wie aus einem Film Noir ohne Aussicht auf ein Happy End. Schrille streicherartige Synthies geben zum Schluss den letzten Schliff und entlassen in die kurze, betont aufgenommene Pianoballade White Noise. Hymn to the Night ist insofern ein sehr bezeichnender Albumtitel, denn er fasst die prägnanten Merkmale von Lea Porcelains Musik zusammen: Düsternis und gepflegter Pathos.

Einzig 12th of September fällt etwas ab – nicht zuletzt durch die Platzierung zwischen dem eingängigen Remember und Loose Life mit seinem bedrohlichen Beat. Insgesamt ist Hymn to the Night aber genau das Debüt geworden, das von Lea Porcelain erhofft wurde und zu erwarten war. Und wer nach Endlessly noch nicht genug hat, dem*der sei die großartige Coverversion von Bruce Springsteens Streets of Philadelphia mitsamt des wunderschönen Technicolor-Musikvideos ans Herz gelegt. Ein Glück für die deutsche Musiklandschaft, dass diese beiden im legendären Offenbacher Club Robert Johnson zusammengefunden haben.

(Benedict Weskott, CT das radio)

RÜCKSCHAU

KW 28/2024
KOKOKO! - BUTU
KOKOKO! BUTU
KW 16/2024
Girl in Red I´M DOING IT AGAIN BABY!
KW 35/2023
Slowdive Everything Is Alive
KW 34/2023
Genesis Owusu Struggler
KW 23/2023
Christine and the Queens ANGELS, PARANOÏA, TRUE LOVE

ARCHIV

WOCHE Künstler/Band NAME DES ALBUMS/SONGS MUSIKLABEL
KW 41/2019 Angel Olsen All Mirrors Jagjaguwar / Cargo
KW 51/2019 Digitalism JPEG Magnetism
KW 03/2020 The Big Moon Walking Like We Do Fiction / Caroline International
KW 05/2020 Moon Hooch Life on other Planets Megaforce (H'Art)
KW 07/2020 Blond Martini Sprite Beton Klunker Tonträger (Rough Trade)
KW 43/2020 The Screenshots 2 Millionen Umsatz mit einer einfachen Idee Musikbetrieb R.O.C.K. / Membran
KW 44/2020 Lyrico Reservoir Dogs Krupplyn
KW 02/2022 OG Keemo Mann beisst Hund Chimperator
KW 03/2022 The Wombats Fix Yourself, Not The World The Wombats | AWAL Recordings
KW 05/2022 Tocotronic Nie wieder Krieg UMD/ Vertigo Berlin