Cover: André Bratten - Gode

Techno ist ab jetzt düster. Und zu verdanken ist das André Bratten. Der Norweger hat mit „Gode“ ein Album zwischen Tanzfläche und Seelenabgrund geschaffen, das mit lang gezogenen Synthies und reduzierten Gesangs-Einsätzen schaurig schön mitreißt.

Irgendwo im Nirgendwo zwischen einem dichten Waldgebiet und der pulsierenden Stadt Oslo ist André Bratten aufgewachsen. Wenn er heute dahin zurückkommt, dann verhält er sich am liebsten wie ein echter Norweger: Lieber mal nicht zu viel rausgehen, daheim bleiben, Filme schauen und Bücher lesen. Dann kommt er runter von seinen inspirierenden Touren durch ranzige bis glänzende Techno-Schuppen in Israel, Kroatien oder auch Deutschland. Läden, in denen er neue Anregungen aus harten Bässen saugt. Von Ancient Methods bis Marcel Dettmann beeindruckt ihn vor allem die Deutsche Szene.

Auf seinem zweiten Langspieler nach dem 2013er „Be A Man You Ant“ verbindet Bratten diese zwei Komponenten. Die innere Ruhe und die düsteren Tage im kalten Norwegen verschmelzen mit harten Bässen und anschwellenden Synthies. Bratten hat Field-Recordings gesammelt, hundertfach Streicher einspielen lassen, Klaviersounds verzerrt und sich dann sofort an den Mixer begeben. Er wollte nicht die meiste Zeit des Musikmachens an der Postproduktion verbringen. Damit steht bei Gode immer die perfekte Aufnahme im Vordergrund, der eine Sound, den es einzufangen gilt.

Wie Bratten selbst erklärt ist das Album eine „Meditation“ in der er über die düsteren Zeiten Norwegens nachdenkt, bevor seine Nation sich im 20. Jahrhundert von der Unterdrückung Schwedens lösen konnte und schließlich durch Erdöl zu einem der reichsten Länder Europas wurde. Wer diesen Hintergrund nicht – wie jetzt gerade - erlesen hat, kann ihn natürlich höchstens als Geschichtswissenschaftlerin erahnen. Mit dem Vorwissen jedoch flackern im Kopfkino noch einmal ganz neue Bilder auf die Leinwand.

Das Intro „Cave“ blinzelt mit hellen Synthie-Sounds und klaren Strukturen Richtung aufklärerischer Erleuchtung, „Philistine“ erzeugt mit straffem Bass und krautigem Brummen die düstere Vorstellung eines Befreiungskampfes und in „Iconography“ scheint auf einmal die Natur in Form von Vogelstimmen gegen knisternde, fauchende Maschinen zu kämpfen. Gode wird so zu einem erzählerischen Album voller verworrener Geschichten, das viel weniger auf den deutschen Techno-Floors als auf einer Stereoanlage mit gutem Bass vor dem heimischen Kamin Platz finden dürfte. Es wird zu André Brattens persönlichstem Album. Wie er sagt: Das Album, das er immer machen wollte. (Nele Posthausen)

 

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