“I won’t let it go / I will not let it go” singt Guy Connelly im Refrain der Single Whippoorwill. So unnachgiebig wie sein Falsett klingt, so eisern ist seine Überzeugung in dem, was er singt. Auf dem nunmehr zweiten Album Venn der Londoner Band Clock Opera zieht sich ein ungemein schweres Thema durch die Songs: der Verlust eines ungeborenen Kindes.
Weiterhin singt Connelly: “There’s a hole in the house no fairground ride will fill / no time can kill / since you went away.” Die Schmerzen sind echt. Connelly malt den vorzeitigen Tod seines Kindes und den folgenden Zerfall seiner Beziehung in dunklen Farben. Dabei ist Whippoorwill noch das sanfteste Stück auf Venn – schlicht und elegant schwebt es in Sphären vergleichbar zu The xx. Clock Opera sind durch ihr Debütalbum von 2012 jedoch für schmatzige Synthesizer und tanzbare Beats bekannt –die Stimmung hat sich vielleicht geändert, aber die Engländer nutzen dennoch mit Vorliebe ihre Stärken aus. Hear My Prayer etwa lässt den Bass knarzen und die Drums tanzen, dass man trotz der traurigen Thematik gerne mittanzt. Genauso Dervish, das von der ersten Sekunde hektisch zittert – hinzu kommen akzentuierte Gitarrenriffs, Chorgesänge und die plötzlich aufbäumende Altstimme von Connelly. Natürlich dient die Musik der Trauer – herunterkriegen lässt sich die Band trotzdem nicht.
Clock Opera verstecken ihre Einflüsse nicht; Parallelen zu Wild Beasts oder den alten Tourkollegen von Maximo Park sind deutlich zu hören. Trotzdem bleibt die Band einzigartig durch ihr tiefgründiges Songwriting und hervorragend ausgeklügelte Kompositionen. Venn ist das Resultat einer erfolgreichen Crowdfunding-Aktion und gleichzeitig ein Trauerprozess – es erscheint logisch, dass der Band wichtig war, das bestmögliche Album zu produzieren. Dass dabei das Album düsterer, so ungewohnt anders als das Erstlingswerk ausfallen würde, konnte selbst die Band nicht ahnen. Im Song Changeling etwa sind Kirchenglocken zu hören, die Connelly während einer Tour durch Deutschland aufgenommen hatte, doch statt Hoffnung und Sicherheit auszustrahlen, klingen sie hier eher nervös, fast bedrohlich. In einer Track by Track-Beschreibung erzählt Connelly, dass Changeling bloß wenige Tage nach der Fehlgeburt konzipiert wurde: “Another night I couldn’t keep / Another film I left in the camera / Never to see the light of day”. Trotz seines verstörenden Charakters ist Changeling dennoch eines der schönsten Stücke auf Venn.
Mit Venn ist Clock Opera das obligatorische schwierige zweite Album meisterhaft geglückt. Die Umstände hätten natürlich bessere sein können, doch die Briten haben sich stur dagegen gestellt und ihr Ding durchgezogen. Die Band bekämpft auf dem Album Dämonen, und das, dem Klang nach zu urteilen, durchaus erfolgreich.
(Sebastian Seifert, campusFM)
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