DJ Koze - Reincarnations pt. 2

 

Die Musik erstmal liegen lassen. Sie reifen lassen wie einen guten Wein. Das kann Stefan Kozalla gut. Und er kann sie wieder hervorholen, zum bestmöglichen Zeitpunkt und ihr dann so viel neues, frisches Leben einhauchen, dass sie nach einer Entdeckung klingt - und doch irgendwie vertraut.

Im letzten Jahr war es das eigene, komponierte Album, das Stefan Kozalla als DJ Koze in die Schlagzeilen gehoben hat: "Amygdala" holt den Echo-Kritikerpreis. Eine Überraschung für alle KritikerInnen. Die haben sich aus allen Ecken darauf gestürzt und das Album besprochen, gelobt, den Mann dahinter gebauchpinselt. Dabei kennen die meisten LiebhaberInnen elektronischer Musik DJ Koze längst - nur eben von ganz anderen Stücken. Samplen und Remixen ist die Kunst, die er zuletzte 2009 auf Platte gebannt hat. Jetzt kommt die Wiedergeburt noch einmal: Reincarnations pt. 2 heißt das gute Stück schlicht.
Darauf: 14 Tracks der letzten fünf Jahre. Vom traurig ergreifenden "Golden Song" über Caribous "Found Out", bishin zu "Black Water" von Apparat, das in Kozes Händen zu einem einzigen Sonnenaufgang wird: alle 14 Songs wecken Erinnerungen.
Sei es nur an den letzten Festivalsommer, in dem kein Zeltplatz ohne den Remix von Moderats "Bad Kingdom" ausgekommen ist oder eben die Entdeckungsreise durch die manchmal vertrackten Gedankenwelten von Caribou, die in DJ Kozes Händen aufklaren und eingängig werden.

Das hier ist eine Werkschau im wahrsten Sinne des Wortes, ein Album das zwar keine brandneuen Tracks liefert, aber eins das Futter für die Theorie bietet: Die besten Songs sind geschrieben. Das Ding ist relevant, nicht weil es plump auf den "Aha"-Effekt setzt und wir Kozes Stücke abfeiern, wenn sie uns eben irgendwie schon bekannt vorkommen und wir sie mit summen können, sondern weil Koze aus Songs, die uns in den letzten Jahren bewegt haben, nochmal das Beste raus geholt hat. Der "Golden Song" wirkt, als habe Koze ihm einen Anfang geschenkt, ihn von vorne erzählt. Er schafft eine Fallhöhe und berschwört das treibende Gitarrenspiel, das den Song im Original nach zwei Minuten schon fast zur monotonen Erschöpfung bringt, dann erst noch einmal von unten herauf. In voller Ruhe. Wiederholt das eigene Intro so, dass keine gradlinige Steigerung entstehen will, sondern der Song uns intensiv hineinzieht, in seine Idee und Geschichte.

Wer DJ Koze lange verfolgt und regelmäßig neu entdeckt hat, der kann bei einem 2009er Track wie "Keep me in my Plane" von WhoMadeWho ein bisschen gelangweilt sein. Möglich, dass Koze hier leider verpasst hat, den Song noch mit auf die Wiedergeburt Nummer eins zu pressen und ihn dann aber irgendwie noch unterbringen wollte. Möglich aber auch, dass Stefan Kozalla uns hier erzählt: "Schaut, da habe ich aufgehört - und hier bin ich angekommen". Eine Werkschau fürs Familienalbum eben.

 

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