Es ist die Dekade der melancholischen Songwriter. Eine neue Liga, die nicht mehr euphorisch mit der Klampfe um die Welt wandert, sondern sich introvertiert in den vier Wänden einschließt, selbst den sozialen Kontakt zur Band meidet. Die braucht es aber ohnehin nicht mehr. Denn Douglas Dare gebraucht für seine Lyrik-Vertonung fast nur einen Flügel. Zumindest spielt sich der Rest auf seinem Debütalbum "Whelm" eher im Hintergrund ab.
Wie James Blake und Raffertie kommt und produziert der Sohn einer Klavierlehrerin aus London, mittlerweile die Melacholikerpop-Metropole. Dieses Privileg konnte man schon auf seiner EP "Seven Hours" bestaunen, die er im Vorprogramm des Klassik-Pops von Größen wie Ólafur Arnalds und Nils Frahm präsentierte. Auf dieser befand sich auch schon "Lungful", auf dessen einfühlsame Piano-Melodie Dare entrhythmisierte Claps legt. Ganz ähnlich ist da auch etwa "Nile" angelegt, auch wenn hier einen analog warmes Synthie bespielt wird. Ein Sog der Schwermut, der einen titelgemäß "überschüttet", aber sequenzenweise auch überrascht.
Neben dezenten Material wie dem rein instrumentellen Titeltrack, der arg nach kurzer Improvisation in der Unterrichtsstunde klingt, gibt es ebenso Momente, wo die Klaviatur nicht den Ton angibt: in "Unrest" säumt sich in Pad-Gefrickel und Percussion-Patterns (ebenso: "Repeat"). Auch auf dem aufbaureichen "Swim" brilliert Dare, klingt lethargisch entrückt und ähnelt deswegen dem einnehmenden Soundkosmos von Thom Yorke. "Swim" führt Dare auf seine Jugend zurück: ein Gefühl von Neugier und Unsicherheit hat den langen Nichtschwimmer in seinem Heimatort an der Küste beim Anblick der See befallen. Beide Stimmungen fängt "Whelm" zum Teil sogar parallel auf. Dur und Moll, Hoffnung und Lethargie.
Trotz leichter Akzentverlagerungen ist "Whelm" aber ein sehr homogenes Album geworden. Stilistisch sind Dare´s Kompositionen keine Neuerfindung, sie erreichen nicht die Klanggewalt von Frahms "Spaces", spielen nur subtil mit Berühungsmomenten von Klassik und Elektronik, zeugen aber von kompositorischen Talent, dass das schafft, was es sich vorgenommen hat: erratische Stimmungsmomente aufzufangen. Und einen Wehmutsteppich daraus zu weben.
RÜCKSCHAU
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