Albumcover von Little Dragon.

Eigentlich kennt man die Synthpop-Gruppe Little Dragon hauptsächlich von ihren zahlreichen Features bei anderen Künstlern. Gorillaz, Flume, De La Soul – irgendwas machen die Schweden richtig, um ständig zu diesen ertragreichen Kollaborationen eingeladen zu werden. Was genau sie richtig machen, wird auf ihrem neuen Album Season High deutlich: Little Dragon kreieren mühelos dieses begehrte 80er-Funk-Flair, das gerade hoch im Kurs steht.

Das Fundament für diesen Sound – unter anderem – ist bereits seit dem Vorgängeralbum, Nabuma Rubberband von 2014, bekannt. Sängerin Yukimi Nagano hat sich über einen längeren Zeitraum eine Menge Musik von Janet Jackson eingeflößt, das findet sich auch auf dem inzwischen fünften Studioalbum wieder. Der Opener Celebrate klingt wie das perfekte Mashup zwischen Frau Jackson und Prince: Der unverwechselbare Klang der Roland 808-Drummachine, dazu abgehackte und gestapelte Vocals und Hooks, die den Begriff “catchy” definieren. Das Ende übernimmt ein überladenes Gitarrensolo von Musikerkumpel Agge (das einzige Feature auf diesem Album), der Song klingt auf dem Geräusch eines fallenden Tropfens aus – gerade letzteres ist sicherlich ein Zwinkern in Richtung The Most Beautiful Girl von Prince. 

Der Prince-/Jackson-Sound zieht sich allerdings nicht durch das komplette Album, Little Dragon können auch gut ihren eigenen Stil durchsetzen. Sweet und Strobe Light klingen genau so, wie sie heißen: moderner, süßlich klebender Elektropop für den Club und die Gute Laune. In Should I stellt die Protagonistin nach dem Ende einer schmerzhaften und ungesunden Beziehung die Frage aller Fragen: “Should I care?”, nur um sich trotzdem komplett dem Verflossenen hinzugeben. Es wird schnell klar, dass Little Dragon auf Season High über all die Dinge sinnieren, die uns glücklich und gleichzeitig abhängig machen; die Message bleibt bei diesem Wohlfühl-Pop aber wohl eher auf der Strecke. Ein bisschen Sozialkritik drängelt sich bei Push ein – ein Song über das schwierige Leben als Celebrity. Was Songwriting und Musik angeht – stampfender Bassbeat auf nervig-zittrigen Drums und Synthesizern – ist Push wohl die einzige wirkliche Schwachstelle auf Season High.

Little Dragon können aber nicht nur upbeat: Gerade in den langsameren, bedachten Stücken kommt Naganos wahre Soulstimme zum Ausdruck, wenn sie sich in mehreren Schichten weicher Keyboards bettet. Bestes Beispiel ist das herausragende Butterflies, welches mit sanftem Piano und visuell ausdrucksstarken Texten Gänsehaut hervorbringt. Schwermütig wabert Don’t Cry vor aus den Boxen, mit ausschweifenden Klangteppichen und einem Chorus, in welchem Nagano fast mit Kate Bush zu verwechseln ist. Als Kehrseite meandert Gravity als letztes Stück fast acht Minuten vor sich hin, ohne wirklich mitzureißen. 

Nach zahlreichen Features konzentrieren sich Little Dragon endlich mal wieder auf sich und zeigen, dass sie nicht nur in der Welle der “Großen” mitschwimmen müssen. Hier wird klar, warum sie regelmäßig für Features eingeladen werden: Sie machen ihre Sache einfach gut, vermitteln dieses moderne Retroflair ohne großen Aufwand. Im Kampf zwischen Gefühl und Verstand bleibt ersteres hier gelegentlich auf der Strecke, wenn es darum geht, die Musikalität unter Beweis zu stellen. Im Großen und Ganzen weist Season High aber Experimente auf, die geglückt sind – und das mit einem unglaublich mitreißendem Flow. Mal abwarten, wann nun das nächste Mal das Feature-Phone klingelt. 

(Sebastian Seifert, CampusFM)

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