Cover: Octave Minds - Octave Minds

Chilly Gonzales und Boys Noize sind sich keineswegs unbekannt. Der Technopop-Wüterich werkelte schon an dem Gonzales-Album „Ivory Tower“ mit, das die Grenzen von Klassik und Electropop sehr elegant ein wenig verwischte. Nun zeigen sie, wie sich ein konstruktiver Paradigmen-Clash anhören kann: Die erste Veröffentlichung ihres Projekts „Octave Minds“ vereint die schnellen Fingerübungen von Gonzales mit dem technoiden Drive von Boys Noize.

Dabei klangen vor allem die im Vorfeld des Albums rausgebrachten Kostproben eher nach der Signatur von Gonzales. Schnelle, aber zarte Klaviermelodien evozieren auf „In Silence“ verträumten und auch leicht vertrackten Dreampop. Auch der Opener „Symmetry Slice“ wirkt leicht mediativ und könnte durchaus in einer Jamsession von Gonzales entstanden sein, in der ihn die Muse wieder küsste und er nicht gerade in irgendeiner Philharmonie stagedivte.

Insgesamt halten sich die jeweiligen Anteile der beiden Musiker schon im Gleichgewicht. Trotzdem: Nach dem seichtem Start gerät auch der Elfenbeintum ein wenig ins Wackeln. Von der Medidation zur Eskalation: „Anthem“ kommt mit ordentlich Wumms und auch das druckreiche „Done Deal“ mit E-Gitarren-Solo stammt mit seinem energetischem Technodrive und der Roboter-Voice vermutlich aus der Boys Noize-Feder. Wobei man hier aber insbesondere aufgrund der Vielseitigkeit von Gonzales nicht zu sehr segmentieren darf.

Dazwischen finden sich immer wieder raffiniert melancholische Miniatur-Skizzen, wie „OM“ oder etwa der zweite Teil von „Symmetry Slice“, der einmal mehr die Spielfreude von Gonzales unterstreicht. Mittendrin gibt es leider auch immer wieder schwächelnde Passagen, weil man das Gefühl nicht los wird, dass die Oktavenköpfe phasenweise nicht konkret wissen, wohin es gehen soll. Kompositorische Feinsinnigkeit kann das Duo aber fast die gesamte Spieldauer beweisen.

Selbst in dem albernen Stück „Tap Dance“, für das Rap-Fan Gonzales Chance The Rapper eingeladen hat, dominieren die Geistesblitze, auch wenn sie die Qualität und den Innovationsgrad der letzten großen Electropop-Synergie Darkside nicht ganz erreichen. Alles in allem: Eine unterhaltsame und erfrischende Produktion. Schön zu wissen, dass Claude Debussy hören und auf Technojams spielen keinen Gegensatz bedeuten muss. (Philipp Kressmann, CT das radio)

 

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