An einigen Stellen war vor dem Release von Oscar and the Wolfs neuem Album von "Newcomer" oder "Debüt" zu lesen. Das ist natürlich vollkommener Quatsch. Max Colombie hat sich unter diesem Alter Ego in seiner Heimat Belgien und darüber hinaus mit zwei akustischen EPs und dem funklenden Album Strange Entity von 2014 längst etabliert; Infinity tritt lediglich an, diesen Status zu zementieren. Und der fokussiert in 2017 vor allem auf Colombies Sexappeal.
In den überwiegend düsteren Momenten (So Real, Runaway, Susato, Touch Down) klingen Oscar and the Wolf wie eine in blaues Licht getauchte Partynacht, die ein bisschen aus dem Ruder läuft, ohne das die Anwesenden so ganz bennen können, inwiefern genau. Dabei wird kein Kitsch gescheut ("But don't you ever run away / Don't you wanna stay here? / I'm ready for infinity / I want you, I want you", Runaway), ganz im Gegenteil. Und in der Soundästhetik funktionieren die Songtexte auf diese Weise perfekt. Die Themen des Albums lassen sich schnell eingrenzen: Flirten, flirten, flirten, sich zieren, sich hingeben, spielen, im Bett landen. Wobei das Ziel weder klar definiert noch erreicht, sondern stattdessen der Weg dorthin in aller Ausführlichkeit ausgebreitet wird.
Die Rollen, die sich Max Colombie auf Infinity gibt, liegen ihm perfekt: Vampir, Vamp oder in prêt-a-porter gehüllter Fashionista. Und das Beste ist: Alles wirkt authentisch - egal ob das Gehauche und Gestöhne bei Exotic ("Your right across the room, hush / Take it slowly, don't look at me"), das überzuckerte Breathing oder der tanzflächenfüllende Refrain von Runaway. Für das Debütalbum wurde der zauberhafte Sound der EPs erstmals an den Synthesizer angeschlossen, mit Infinity ist er jetzt irgendwo zwischen Frank Oceans Lässigkeit, Andy Butlers Disco-Credibility und Lana del Reys Laszivität angekommen.
Max Colombie selbst nennt das "royal vampire porn", was gar nicht so verkehrt ist, denn es liefert die richtigen Stichworte liefert: sexy, düster, glatt poliert, funkelnd. Und vor allem: selbstbewusst. Die ausgefallenen Bühnenoutfits wurden schon früh zu einem der Aushängeschilder von Oscar and the Wolf und darum spielt Dries van Noten neben der Musik gleichberechtigt die zweite Hauptrolle im Video von Runaway, in dem Colombie nebenbei noch mit sich selbst knutscht. Nicht zu vergessen ist natürlich auch das Swarowski-Facial aus Breathing, diesem auch ohne Video schon so unverschämt glitzernden Stück Indiepop.
In erster Linie lebt die Musik von Oscar and the Wolf aber nach wie vor von Max Colombies unverwechselbarer Stimme und allem, was er damit transportiert. Dass dazu noch perfekt und auf den Punkt geschriebene und produzierte Indiepopmusik kommt, ist gewissermaßen ein nettes Goodie. Nach dem kaugummifarbenen Auflug im Chevrolet ("Pull up in my driveway") und dem verschwitzten Finish bei Fever ist damit klar: "Don't you wanna have a little bit of fun?" (Exotic) ist eine rein rethorische Frage. Denn wer kann bei so viel Überzeugungskunst schon Nein sagen?
Benedict Weskott (CT das radio)
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Der Silberling der Woche ist eine Kooperation der Campusradios
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