Dass es so elegisch mit Pianoakkorden beginnen würde, war von Palace Winters Debütalbum nicht unbedingt zu erwarten. Die EP Medication aus dem vergangenen Jahr zeigte mit besonders durch die Single Time Machine mehr in Richtung Psychedelic Rock statt Pop. Aber schon nach einer Minute ist klar: Waiting for the World to Turn spielt in der Psychedelic-Liga in diesem Jahr jetzt schon ganz weit oben mit, denn das Debütalbum der Dänen klingt wie die Flitterwochen von The War On Drugs und Tame Impala, die in den vergangenen zwei Jahren Favoriten der Musikmedien waren.
„You’ve been waiting for the wind to change“. Carl Coleman und Caspar Hesselager starten direkt mit dem Ethos des Neuanfangs in ihr Album. Der Opener Dune Wind schafft als perfekte Symbiose aus ätherischem Pop, Psychedelic Rock und besagtem Piano den Spagat zwischen eingängigem Songwriting und verschallerter Produktion. Das eingestreute Sehnsuchtsgefühl gibt dem Sound den letzten Schliff.
„Warten“ steht in großen Lettern als bestimmendes Thema über dem Beginn der Platte. Die Disparität zwischen dem, was ist, und dem, was sein soll/kann/wird, gießen Palace Winter in Songs voller Erwartungen, Hoffnungen, Hochs und Tiefs. Positron verliert sich nach dem zielstrebigen Beginn zunehmend in einem Gewirr aus Drums und Gitarrenwellen. Gleich darauf fegt Soft Machine rücksichtslos alle schon angesammelten Ohrwürmer aus dem Gehörgang und setzt seine Hook ohne Erbarmen und mit hoher Halbwertszeit an ihre Stelle.
Die energische Bassdrum drückt H.W. Running von Anfang an ihren Stempel auf, aber ab What Happened stehen die Zeichen endgültig auf LSD. Kaleidoskopbilder in Technicolor wirken fast zum Greifen nah, wenn Proclamation Day verrauscht zwischen Upbeat-Drums und ruhigen Passagen hin und her mäandert. Zuletzt bereitet der Doppeltrack Dependance / Independence ein zweischeidiges Ende. Erst mächtig Druck auf die Tränendrüse („My dependence on you frightens me / What if they took you away?“), dann ein fröhlicher zweiter Teil mit Vocoderstimme.
In seiner emotionalen Grundstimmung ist Waiting for the World to Turn bis zum Schluss konsequent, gleichzeitig aber in den Nuancen und Soundausgestaltungen wunderschön facettenreich. Palace Winters Debütalbum lädt dazu ein, sich tief in der Musik zu verlieren und verlangt unweigerlich nach Wiedergabe auf Dauerschleife ohne Aussicht auf einen Ausweg. Oder wie sie es sagen: „It’s floating endlessly, never sets me free“.
(Benedict Wescott | CT das radio)
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