Penguin Cafe Orchestra - Union Cafe

Wieder einmal bestätigt Robert Raths den Ruf seines Labels Erased Tapes als Goldgrube, denn die Wiederveröffentlichung von Penguin Cafe Orchestras Album Union Cafe von 1994 ist genau das: ein goldrichter Griff. Es ist das letzte Werk, das Mastermind Simon Jeffes mit dem Ensemble vor seinem Tod aufnahm - ein muskalisches Testament also, das jetzt zwanzig Jahre nach seinem Tod neu erstrahlt.

Es ist noch nicht lange her, da lag das Peguin Cafe Orchestra auf Eis. Bis Simon Jeffes' Sohn Arthur die Idee vor zehn Jahren wieder zum Leben erweckte, sich dem Erbe annahm und die ursprünglichen Musiker als Peguin Cafe wiedervereinte. So blühte die Oase wieder auf, zuletzt in diesem Frühjahr mit The Imperfect Sea. So wurde die Idee des Penguin Cafe als warmer Zufluchtsort inmitten einer dystopischen Welt fortgeführt, wie sie Simon Jeffes vor mittlerweile 45 Jahren in einem lebhaften Albtraum erschienen war.

Bis zu seinem Tod im Jahr 1997 nahm Jeffes dieses Traumbild zum Anlass, die Welt zu einem freundlicheren Ort zu machen. Gleich zu Beginn strahlt das Penguin Cafe deshalb in Scherzo und Trio deutlich und hell: eine Oase inmitten von Beton und Tristesse. Dabei ist auf Union Cafe die vielfältige Instrumentierung behilflich und nicht zuletzt das perfekte Arrangement aller Einzelteile. Zwischen flächigen und ruhigen Stücken stehen fröhliche musikalische Reisen nach Amerika (Discover America) oder Bologna (Silver Star of Bologna) oder in einem Rettungsboot (Lifeboat (Lovers Rock)).

Lie Back And Think Of England und Organum spielen auf ihre je eigene Art und Weise mit Großbritannien als Thema, entweder in Form einer Edward-Elgar-Hommage oder mit exzessivem Dudelsackeinsatz. Trotz der Vielfalt hat das Penguin Cafe Orchestra auf Union Cafe aber keine Eile. Bestes Beispiel: Der Zehnminüter Vega mit seinen subtilen Bläsersätzen, die auf dem immerwährenden Klangteppich auf Pianoakkorden ab und an mit Violinen tänzeln. Oder Thorn Tree Wind - ein Stück, das nur aus dem Klang einer Windharfe besteht.

Durch ein englisches Freizeichen als Klangelemente atmet Pythagoras On The Line als einziges Stück deutlich den Charme der frühen Neunziger. Ansonsten klingt die letzte Platte des ursprünglichen Penguin Cafe Orchestra besonders aufgrund seiner Grenzenlosigkeit auch zwanzig Jahre nach dem Tod von Simon Jeffes absolut aktuell und zeitgemäß, eben weil es sich zeitlicher Einordnung größtenteils entzieht und der Geist des Penguin Cafe ist in jedem Ton spürbar ist. Oder, um es Robert Raths sagen zu lassen: "Es erscheint eine ganze Welt vor meinen Augen - eine Welt voller Liebe und Wunder, die mir Tränen in die Augen, Gänsehaut am ganzen Körper und ein Lächeln aufs Gesicht zaubert."

Benedict Weskott (CT das radio)

____________
Der Silberling der Woche ist eine Kooperation der Campusradios
CT das radio, Campus FM und eldoradio* unter dem Dach der Campuscharts.
Daher findet ihr hier jede Woche eine Rezension zu einem besonders interessanten Album, wechselweise von den Musikredaktionen dieser drei Campusradios verfasst.
Checkt auch: www.silberlingderwoche.de

RÜCKSCHAU

KW 28/2024
KOKOKO! - BUTU
KOKOKO! BUTU
KW 16/2024
Girl in Red I´M DOING IT AGAIN BABY!
KW 35/2023
Slowdive Everything Is Alive
KW 34/2023
Genesis Owusu Struggler
KW 23/2023
Christine and the Queens ANGELS, PARANOÏA, TRUE LOVE

ARCHIV

WOCHE Künstler/Band NAME DES ALBUMS/SONGS MUSIKLABEL
KW 28/2017 Rey And Kjavik Rkadash Katermukke
KW 27/2017 MT. Wolf Aetherlight CRC Music
KW 26/2017 Ant Antic Wealth Seayou Records
KW 25/2017 Lea Porcelain Hymn to the Night Lea Porcelain
KW 24/2017 Tora Take a Rest Eighty Days Records
KW 23/2017 Corridor Supermercado Requiem Pour Un Twister
KW 22/2017 Noga Erez Off The Radar City Slang
KW 21/2017 Current Swell When To Talk And When To Listen Nettwerk
KW 19/2017 Slowdive Slowdive Dead Oceans
KW 35/2023 Slowdive Everything Is Alive Dead Oceans