Dramatisch getrennt, jetzt zurück. Nach 22 Jahren Abwesenheit bringt Slowdive ihr viertes Album auf den Markt. Auf dem selbstbetitelten Langspieler melden sich die Briten verträumt zurück. Damit beleben sie ein fast vergessenes Genre.
Es ist ist in Großbritannien in den vergangenen Jahren Mode geworden, sich als Band dramatisch zu trennen, um dann Jahre später mit tollem Sound zurückzukehren. The Libertines feierten zum Beispiel mit Anthems for Doomed Youth vor zwei Jahren ihr Comeback. Nachdem unter anderem Leadsänger Peter Doherty die Band mit seinen Drogeneskapaden 2004 zu einer Pause gezwungen hatte. Und während in UK weiterhin alles auf Oasis wartet, meldet sich eine ähnlich einflussreiche Rockband zurück: Slowdive.
Das vorausgegangene Album von Slowdive liegt 22 Jahre zurück. 1995 brachte die Band aus dem britischen Süden Pygmalion raus. Im gleichen Jahr sägte sie ihr damaliges Plattenlabel ab. Das Ende der Band – vorerst. 2014 verkündete Slowdive, wieder in alter Besetzung auf Tour zu gehen. Jetzt hat die Band ihr viertes Album Slowdive veröffentlicht.
Darauf machen die Briten das, was sie vor ihrer gezwungenen Trennung bereits geprägt haben: verträumte Musik. Verhallte und mehrstimmige Gitarrenwände sorgen für den Eindruck vor dem Lautsprecher würde ein unsichtbarer Schleier hängen. In Don’t Know Why klingen Sängerin Rachel Goswel und Neil Halstead, der auch die Songtexte der Band schreibt, so fern, dass ihr Gesang wörtlich kaum vernommen werden kann. Gepaart mit hohen Gitarrensoli und kräftigem Schlagzeugrhythmus wirkt das Lied vielmehr wie ein Klangstrudel, der wohltuend durch das Ohr rauscht.
Sugar For The Pill erinnert an den Sound von Radiohead. Die Sprache ist klar und der Songtext verständlich. Hier ist es die Mischung von Vers und Gitarrenhall, der das Verträumte erzeugt. Halstead singt: Cut across the sky / and move a little closer now / lying in a bed of greed / you know I had the strangest dream.” Star Roving erinnert passenderweise an ein Raumschiff, dass durchs Weltall schwebt – getragen von energischen und kraftgeladenen Gitarrenriffs.
Verträumte Musik ist nicht neu. Der Elektro-Indie von The xx oder der Dream-Pop des Dänen In Memoirs sind die aktuellsten Beispiele. Allerdings bedienen sich Slowdive seit ihrer Gründung 1983 eines anderen Genres, das außer ihnen niemand so klangvoll komponiert: Shoegaze. Diese Musikrichtung klingt rockig, weil sie wie der Rock mit Schlagzeug und mehreren Gitarren arbeitet. Shoegaze heißt sie deshalb, weil die Gitarristen hauptsächlich auf ihre Schuhe gucken. Darunter befindet sich nämlich das Pedal, mit dem sie diese verhallten Soundeffekte erzeugen. Seit ihrem vorausgegangenen Album Pygmalion wurde das Shoegaze-Genre nur noch lieblos interpretiert. Jetzt feiert es gemeinsam mit und dank Slowdive sein Comeback.
(Julian Beyer, eldoradio*)
Der Silberling der Woche ist eine Kooperation der Campusradios
CT das radio, Campus FM und eldoradio* unter dem Dach der Campuscharts.
Daher findet ihr hier jede Woche eine Rezension zu einem besonders interessanten Album, wechselweise von den Musikredaktionen dieser drei Campusradios verfasst.
Checkt auch: www.silberlingderwoche.de
RÜCKSCHAU
ARCHIV
WOCHE | Künstler/Band | NAME DES ALBUMS/SONGS | MUSIKLABEL |
---|---|---|---|
KW 03/2015 | Panda Bear | Panda Bear Meets The Grim Reaper | Domino |
KW 04/2015 | Olli Schulz | Feelings aus der Asche | Trocadero |
KW 04/2015 | Menace Beach | Ratworld | Memphis Industries |
KW 06/2015 | Viet Cong | Viet Cong | Jagjaguwar |
KW 07/2015 | Title Fight | Hyperview | Anti |
KW 08/2015 | Ibeyi | Ibeyi | XL |
KW 32/2015 | Seven Davis Jr | Universes | Ninja Tune |
KW 09/2015 | Future Brown | Future Brown | Warp |
KW 10/2015 | Dan Deacon | Gliss Riffer | Domino |
KW 11/2015 | Bilderbuch | SCHICK SCHOCK | Maschin |