Cover: SOHN - Tremors

Der Hype hat sich langsam aufgebaut. Im August 2012 veröffentlichte SOHN seine ersten Songs "Oscillate" und "Warnings" auf Soundcloud, einen Monat später dann "The Wheel". Letzterer wurde von Pitchfork, NME und einschlägigen Musik-Blogs gefeiert. Hinter dem Namen SOHN steckt der Londoner Musiker und Produzent Christopher Taylor, der seit Längerem in Wien lebt. Nach den ersten eigenen Songs machte SOHN dann durch Remixes für Lana Del Rey, Rhye und Laura Mvula und als Produzent des Wahnsinnssongs "Waiting Game" von Banks sowie von Songs für Kwabs weiter von sich reden. Die Albumvorboten "Bloodflows" und "Lessons" vom letzten Jahr befeuerten wurde den Hype weiter, außerdem spielte SOHN erste Gigs beim Eurosonic in Groningen und beim South by Southwest in Austin. Jetzt ist das Debütalbum "Tremors" endlich da.

SOHN baut seine Songs um die Texte herum, die Geschichten und Eindrücke seiner Sprache sind das Zentrum seiner Musik, auch wenn der Bass sich mal mehr, mal weniger in den Vordergrund zu drängen versucht. Bei "Lights" erwartet man nach den ersten Beats erst einen deutlich martialischeren Song als diese mit Synthie-Streichern hinterlegte Gefühlsnummer. Genau das ist aber SOHNs Konzept. Die Untermalung aus fließenden, starken Basslinien und in Dauerschleife wiederholten Songtext-Versatzstücken steht immer wieder im Gegensatz zum elegischen, pathetischen Pop-Appeal der Lyrics und des Gesangs. Diese Mischung aus seiner hohen, weichen Singstimme, poppigen Song-Strukturen und experimentellen Beats macht SOHN einzigartig. Seine Musik ist in der R'n'B-Ecke genauso zu verorten wie im James-Blake-Kosmos des Post-Dubstep. Von beiden Genres ist SOHN aber weit genug entfernt, um nicht als Mitläufer abgestempelt zu werden. Den Trend macht er lieber selbst.

Der Albumopener "Tempest" und der Song "Fool" lassen in vielen Momenten noch unweigerlich an Blake'sche Sounds auf "Overgrown" denken, auch die emotionale, fragile Stimme ist durchaus vergleichbar. Aber in letzter Konsequenz ist dieser Sound etwas anderes, er ist viel dichter und weniger von Stille geprägt als die ersten Werke des Post-Dub. Ein Song wie "Artifice" lässt sich mittlerweile mehr oder weniger problemlos in innovativeren deutschen Lokalradios platzieren, ohne das die Hälfte der Hörer gleich vom Stuhl fällt. Der Refrain bietet Identifikationspotenzial ("Somebody better show me how feel 'cos I know I'm not at the wheel") und die ganz große Pop-Geste, aber trotzdem bleibt der Songs auf die SOHN'sche Art und Weise arty und besonders.

Charakteristisch ist auch die Ruhe, die SOHNs Musik in Songs wie "Bloodflows" und "Lessons" ausstrahlt. In den Songs für Banks und Kwabs ist dieser Trademark-Sound wiederzuerkennen. Der Pathos des repetitiven Refrains "My love, my love, my love don't love me" wird durch den Beat, die Claps und den Bass aufgebrochen. Wieder Gegensätze, die bei SOHN ein wunderbares Ganzes ergeben. "Tremors" ist abwechslungsreich, innovativ und klingt absolut nach 2014. Oder ist es andersrum und 2014 klingt nach SOHN? Das letzte Wort hat SOHN noch lange nicht gesprochen. Remixes für Disclosure und Angel Haze und diverse Festivalshows im Sommer werden dafür sorgen, dass sein Sound dieses Jahr den Ton angibt. (Benedict Weskott, CT das radio)

 

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