Albumcover von Arca.

„Strange worlds to enjoy, if not fully understand“, schreibt der Britische Guardian. Tatsächlich sind es eigenartige Traumwelten, in die uns Arca auf seinem dritten Album entführt. Traumwelten sind es eigentlich nur, wenn man ein Freund von Albträumen ist.

Bei Arca steht diesmal – mehr als sonst – ein Klang im Mittelpunkt, der einiges voraussetzt: Begeisterung für Chorgesang auf sich steigernden Trommelschlägen und elektronischen Arrangements, in einer Sprache, die nach Latein klingt, aber Spanisch ist. Ob es christliche Musik ist, bleibt schwer auszumalen, weil es genauso eine Gottesanbetung eines anderen Glaubenskreises sein könnte. Arca lässt auf seinem selbstbetitelten Album viel Raum für Interpretation. Diesen Raum brauchen HörerInnen auch, um dem vielfältigen Klang gerecht zu werden.

Arca ist ein elektronischer Produzent aus Venezuela. Auf seinem Album Arca befinden sich Hörerinnen und Hörer im allerletzten Geschoss eines Klosters. Tief unten, wo es immer noch heilig sein sollte. Bettelnder Gesang und einschüchternde Klangwelten warten dort. Kurz um: Arca bastelt auf Arca an einer religiösen Schwermut bis hin zum eigenen Gruselfaktor. Child beginnt wie eine Szene in Hitchcocks Psycho. Mal schrabbeln die Bässe wie eine Kettensäge wie im Song Castration und werden nur vom Klang einer Explosion aufgehalten, bis sie genauso verstörend wieder einsetzen, wo sie aufgehört haben. Mal klingt die Musik nach zahlreichen Peitschenhieben, wie bei einer Kreuzigung in Whip. In den Songs Miel und Coraje stehen verstörender Gesang im Mittelpunkt, der die ZuhörerInnen ratlos zurücklässt.

Der Spiegel nennt es „sanfte Schönheit“, aber auch „anstrengendes Experimentalkonzept“. Arca liefert schwere Kost. Wundern darf dies eigentlich niemanden mehr. Dieser verstörende Elektrosound machte bereits sein vorausgegangenes Album Mutant aus. Diesmal muss die Elektronik allerdings sakralem Hochmut – oder Schwermut, das bleibt Interpretationssache – weichen. Arca ist ein Album, das klingt, als es sei es in verlassenen Katakomben entstanden. Ein Album, dass sich darauf verlässt, mit männlichem Gesang und gruseligem Klang von einzelnen Tropfen etwa im Lied Desafio, ein Hörerlebnis zu erreichen.

Damit erzeugt Arca eindeutig Special Interest. Ein Erzeugnis ist es deshalb, weil der Klang keine Musik ist, die sich so leicht spielen lässt. Um Arca zu hören, braucht es nicht nur die richtige Atmosphäre, sondern auch ein ganz bestimmtes Publikum. Ein depressives Publikum, oder zumindest Menschen, die es erfreut, in die Unterweilt abzutauchen – egal, was dort auf sie warten mag.

(Julian Beyer, eldoradio*)

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