Cover: Courtney Barnett - Sometimes I Sit And Think, And Sometimes I Just Sit

Zwar steht Debüt-Album drauf, doch so richtig neu im Geschäft ist Courtney Barnett eigentlich nicht. Seit ein paar Jahren schon geistert ihr Name durch die Blogosphäre. Mit „A Sea of Split Peas“, einer Zusammenfassung zweier zuvor veröffentlichter EPs, machte sie sich vor zwei Jahren in der Indie-Gemeinde endgültig einen Namen. Die Australierin steht damit an der Spitze einer Phalanx vom Fünften Kontinent, die sich aufmachte, dem Vereinigten Königreich in punkto lässiger Gitarrenmusik den Platz hinter den USA streitig zu machen und inzwischen sogar schon abgejagt hat.

Dabei liegt der Reiz an Courtney Barnetts bisheriger Arbeit und des neuen Albums „Sometimes I Sit And Think, And Sometimes I Just Sit“ in erster Linie noch nicht einmal in den musikalischen Ansätzen. Ihre profunde Sozialisation ist sofort herauszuhören: Die Einflüsse erstrecken sich von ungeschliffen funkelndem Indie und Dream Pop über Versatzstücke der Riot-Grrrl-Bewegung bis zu clever in Szene gesetztem Grunge, der das Album immer dann durchrüttelt, wenn es sich in sich selbst zu verlieren droht und neue klangliche Anreize benötigt. „Pedestrian At Best“ beispielsweise stürmt nach dem vielversprechenden, aber zaudernden Opener „Elevator Operator“ wie aus dem Nichts nach vorne, um das Album mit einem großen Kick endgültig zu eröffnen.

Zusammengehalten wird alles das - und dies macht in diesem Fall aus einem guten ein sehr gutes Album - durch Barnetts unglaubliches Talent als Geschichtenerzählerin. In den Momenten, in denen sie sich am wohlsten fühlt, ist sie keine Sängerin im Wortsinn mehr, vielmehr eher eine Freundin von nebenan, die ihre Texte in einem geradezu kommentierenden Sprechgesang zum Besten gibt. Oft sprudeln die Wörter nur so aus ihr heraus, doch wirken sie dabei niemals ungeordnet, sondern immer auf den Punkt pointiert, charmant und richtig im Flow. Alltägliche Beobachtung, Witz und Sarkasmus gehen hier Hand in Hand. Fast erinnert diese Herangehensweise an Bob Dylans Meileinstein „Highway 61 Revisited“ und dessen Monumente „Like A Rolling Stone“ und „Ballad Of A Thin Man“. Ähnlich rasant spuckt Barnett die Wörter aus, ähnlich treffend ist jedes einzelne von ihnen.

Zum Glück ist „Sometimes I Sit And Think, And Sometimes I Just Sit“ im Kern wesentlich heller, optimistischer und im positivsten Sinn profaner. Ob sie im kompakten Zweiminüter „Aqua Profunda!“, der auch Pavement alle Ehre gemacht hätte, über ihre Unsportlichkeit, im unerhört eingängigen „Dead Fox“ über die richtigen Lebensmittel oder in „Elevator Operator“ über den Tag eines eben jenen doziert - der Detailreichtum ist so überwältigend, das beiläufige Zusammenfließen mit der Musik grandios bewerkstelligt. Selbst der Aussie-Akzent, der normalerweise nicht zu den gefühlvollsten Varianten des Englischen zählt, kommt hier erstaunlich geschmeidig rüber. Die raren zurückgenommen Momente wirken vor diesem Hintergrund anfangs wie ein Fremdkörper, doch ihre Tiefe tut dem Album insgesamt gut. Allen voran das Schlüsselstück „Kim's Caravan“, das harmonisch und vollkommen unspektakulär startet, dann in schwere Turbulenzen gerät, Jesus und das Great Barrier Reef streift und schließlich mit einem sanften „I am just a reflection/ Of what you really wanna see/ So take you want from meTake what you want from me“ endet. (Felix Lammert-Siepmann)

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